Diese Übersicht zur Geschichte und Entwicklung der Enzyklopädie ist grob chronologisch in die europäischen Epochen Antike, Mittelalter und Neuzeit gegliedert; jenseits dieser Gliederung wird die Entwicklung von Enzyklopädien außerhalb Europas separat dargestellt. Innerhalb der Hauptabschnitte gliedert sich der Artikel nach Typen von Enzyklopädien sowie geographischen Regionen (Mittelalter) bzw. Sprachen (Neuzeit).
In der Antike ist vor allem der griechische Kulturkreis und das Prinzip der enkyklios paideia sowie der römische Kulturkreis mit dem Prinzip der artes liberales zu unterscheiden; der griechische Kulturkreis war noch von einer oralen Kultur geprägt und entwickelte wohl daher keine schriftlich fixierte Enzyklopädie. In der römischen Zeit wird die lateinische Sprache als Wissenschafts- und Gelehrtensprache sowie als eine Art Lingua franca etabliert und das systematische Ordnungsprinzip weiterentwickelt. Dieses konstituiert eines der entscheidenden Merkmale, welche die Enzyklopädie von verwandten Nachschlagewerken abgrenzt: Das Wissen ist in sich abgeschlossen, es hat Grenzen und kann kartographiert oder metaphorisch visualisiert werden (beispielsweise mit dem Baum der Wissenschaft (L'arbre de ciència, 1295/96) von Raimundus Lullus oder später mit dem Stammbaum des Wissens von Francis Bacon und Denis Diderot).
{{Vorlage:Zeitleiste Enzyklopädien}} Durch das gesamte Mittelalter bis in die Renaissance wird Latein als universale Sprache ebenso beibehalten wie das systematische Ordnungsprinzip der Enzyklopädie; die einzige bedeutende Ausnahme bildet die in griechischer Sprache verfasste und alphabetisch gegliederte Suda aus dem 10./11. Jahrhundert.
Mit Francis Bacon beginnt im 16. Jahrhundert eine Neuorientierung sowie eine methodologisch-systematische Neueinteilung der Wissenschaften, welche die Säkularisierung fortsetzt und diese Entwicklung auch in der Enzyklopädie etabliert.
Die Neuzeit wird eingeleitet durch Entwicklungen wie die Reformation und die Aufklärung, durch die die Entwicklung der Enzyklopädie maßgeblich beeinflusst wird. Ab dem 17./18. Jahrhundert wird Latein als Wissenschafts- und Gelehrtensprache abgelöst und es erscheinen zunehmend nationalsprachliche Enzyklopädien, die sich später wiederum in Formen wie Fach- und Konversationslexika ausdifferenzieren.
Etwa ab dem 17. Jahrhundert taucht der Begriff " Enzyklopädie" erstmals explizit im Titel der Nachschlagewerke auf, meist wird dafür die Encyclopaedia Cursus Philosophici (ca. 1630) von Alsted genannt; allerdings gibt es auch noch die ältere, aber weniger bekannte Encyclopaedia (Encyclopaedia seu orbis disciplinarum tam sacrarum quam prophanarum epistemon, 1559) von Paul Scalich. Das erste deutschsprachige Nachschlagewerk, das die Bezeichnung "Enzyklopädie" im Buchtitel trägt, dürfte wohl die so genannte Frankfurter Enzyklopädie (Deutsche Encyclopädie oder allgemeines Real-Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften, 1778 ff.) von Köster und Roos sein.
Die alphabetische Sortierung setzt sich weitestgehend gegen das systematische Ordnungsprinzip durch und Ephraim Chambers führt in seiner Cyclopedia das Prinzip der Verkettung durch Querverweise als Ersatz für den Zusammenhalt der systematischen Ordnungssysteme ein, das Diderot dann in der Encyclopédie subversiv zur Umgehung der Zensur einsetzt.
Etwa ab den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts etabliert sich Englisch als neue Universalsprache in den wissenschaftlichen Spezialenzyklopädien der Naturwissenschaften. Im Zuge der Wissensexplosion der Informations- und Wissensgesellschaft sowie der grundlegenden Verunsicherungen der Postmoderne wird das Fundament der Enzyklopädie in Frage gestellt: Das Paradigma des positiven Wissens wird ebenso diskutiert wie die Prämisse eines in sich abgeschlossenen und begrenzten Wissensraumes. Gleichzeitig ergeben sich durch neue Technologien wie die CD-ROM als Datenspeicher und das Internet als Grundlage für eine globale Wissensdatenbank auch Möglichkeiten, die in der Geschichte der Menschheit nie zuvor vorhanden waren.
Die Enzyklopädie war ursprünglich nach dem Sophisten Hippias von Elis (um 400 v. Chr.) der Begriff für die universale Bildung, später allgemein die Alltagsbildung, die allerdings nach Sokrates nur auf die 'wahre Bildung' vorbereite.
Man verstand unter enkyklios paideia (lateinisch orbis doctrinae, "Kreis der Bildung", das heißt der Bildungswissenschaften) die Gesamtbildung, die sich ein freigeborener Jüngling angeeignet haben musste, ehe er zur Erlernung eines bestimmten Faches oder in das werktätige Leben selbst überging. Der Kreis dieser Kenntnisse und Fertigkeiten umfasste zunächst Grammatik, Musik, Geometrie, Astronomie und Gymnastik.
Die Anfänge der systematischen Enzyklopädie werden meist auf den griechischen Philosophen und Neffen Platons, Speusippos ( 408 v. Chr.- 339 v. Chr.), zurückgeführt, der die von Platon gegründete Akademie weiterführte; es handelte sich bei dessen Arbeiten jedoch um eine Spezialenzyklopädie, von der nur wenige Fragmente erhalten sind (Homoia, eine Untersuchung der im Tier- und Pflanzenreich vorkommenden gleichartigen Erscheinungen).
Auch andere Philosophen der Antike wie Aristoteles ( 384 v. Chr.- 322 v. Chr.) versuchten, umfangreiche Abhandlungen über das gesamte menschliche Wissen der damaligen Zeit zu verfassen. Die antiken Griechen verfassten jedoch noch keine Universalenzyklopädien.
Bei der Enzyklopädie handelt es sich um eine typisch römische Literaturgattung. Die erste lateinische Spezialenzyklopädie verfasste der römische Staatsmann und Schriftsteller Cato the Elder ( 234 v. Chr.- 149 v. Chr.) mit pädagogischer Zielsetzung zu den Fachdisziplinen Landwirtschaft, Medizin, Rhetorik und Kriegswissenschaft ("Libri ad Marcum filium" = "Bücher an den Sohn Marcus"), um 150 v. Chr..
Die ersten Versuche einer umfassenden und systematischen Enzyklopädie gehen zurück auf den römischen Gelehrten Marcus Terentius Varro ( 116 v. Chr.- 27 v. Chr.), der in seinen Disciplinarum libri IX (kurz: Disciplinæ, um 30 v. Chr.) den Fächerkanon systematisch nach dem griechischen Vorbild des "Kreises der Bildung" organisierte; er ergänzte die Fächer der Freien Künste um die Medizin und die Architektur. Varros in 41 Büchern organisierte Werk ist nur in Fragmenten erhalten. Cicero plädierte in seinem De Officiis gegen die Erweiterung der freien Künste [?].
Das System der sieben freien Künste (Septem artes liberales) geht auf Varros Nachfolger Martianus Capella (um 415 n. Chr.) zurück, einen spätantiken Autor, der in seiner allegorischen Enzyklopädie De nuptiis philologiæ et Mercurii ("Über die Vermählung Philologias mit Merkur"; oder in Satiricon [?]) den Kanon der sieben freien Künste erstmals verbindlich festlegte; er bestand aus der Kombination von Trivium und Quadrivium:
Martianus Capellas Werk wurde im Mittelalter intensiv rezipiert und überlieferte das römische Bildungssystem in das Mittelalter, wo es sich zu einem bedeutenden Unterrichtswerk entwickelte. Auch der römische Geschichtsschreiber Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus und später der spanische Gelehrte Isidor von Sevilla beziehen ihre Arbeiten auf den Kanon der Sieben freien Künste; diese klassische Fächeraufteilung wurde erst mit dem Aufkommen von Aufklärung und Humanismus weitgehend aufgegeben.
Die älteste nachweisbare alphabetisch gegliederte Enzyklopädie wurde von dem lateinischen Grammatiker Marcus Verrius Flaccus (ca. 55 v. Chr. bis ca. 20 n. Chr.) um die Zeitenwende herum verfasst; sein lexikalisches Werk De significatu verborum ("Über die Bedeutung der [seltenen lateinischen] Wörter") ist jedoch verschollen und nur epitomiert erhalten und in den Fassungen des römischen Grammatikers Sextus Pompeius Festus (2. Hälfte des 2. Jahrhunderts) und des Geschichtsschreiber Paulus Diaconus ( 8. Jahrhundert) überliefert.
Aus der Antike sind weitere enzyklopädische Werke bekannt, vor allem Spezialenzyklopädien; das erste derartige Werk soll Platons Neffe und Schüler Speusippos um 370 v. Chr. verfasst haben. (siehe oben)
Auch von Varro gibt es eine römische Altertumskunde (Rerum humanarum et divinarum antiquitates, Text nicht überliefert).
Ein weiterer Vorläufer der Spezialenzyklopädie in lateinischer Sprache stammt von dem römischen Historiker und Schriftsteller Gaius Plinius Secundus (Plinius der Ältere, ca. 23 n. Chr.- 79 n. Chr.), der mit seiner Historia naturalis (oder Naturalis historia [?]; deutsch: "Naturgeschichte", entstanden um 79 n. Chr.) eine umfassende Enzyklopädie der Naturwissenschaften und -forschung verfasste; dabei handelt es sich auch um die älteste vollständig überlieferte systematische Enzyklopädie.
Die Naturalis historia umfasst 37 Bücher mit insgesamt 2.493 Kapiteln und ist folgendermaßen gegliedert:
Nach dem Quellenverzeichnis wurden insgesamt annähernd 500 Autoren verarbeitet, darunter rund 100 Primärquellen sowie fast 400 Sekundärquellen. Noch 1469 wurde der Erstdruck "Historiae naturalis libri XXXVII in Venedig aufgelegt. Die erste deutschsprachige (Teil-) Übersetzung der Bücher 7 bis 11 wurde 1543 in Straßburg unter dem Titel Natürlicher History Fünff Bücher angefertigt.
Enzyklopädieartige Werke sind aus dem chinesischen und dem arabischen Kulturkreis überliefert. Vergleichbare Entwicklungen von anderen Hochkulturen außerhalb Europas sind nicht bekannt (Indien? Persien?)
Auch im aussereuropäischen Raum wurden bereits sehr früh Enzyklopädien entwickelt, so beispielsweise im antiken China. Enzyklopädieartige Werke entstanden hier ab etwa 500 v. Chr. auf Bambusstreifen und Schriftrollen; Enzyklopädien im engeren Sinne sind nachweisbar ab etwa 220 n. Chr..
Wichtige chinesische Enzyklopädien: Siehe Enzyklopädien aus dem chinesischen Kulturkreis
Obwohl diese gigantischen außereuropäischen Enzyklopädien älter sind als die des europäischen Raums haben sie für die Entwicklung dessen, was uns heute als Enzyklopädie bekannt ist, nur untergeordnete Bedeutung, da sie die europäische Traditionslinie der Enzyklopädik nicht oder kaum beeinflussten.
Im arabischen Kulturkreis entstanden sehr früh sowohl generelle und spezielle als auch systematische und alphabetische Enzyklopädien.
Wichtige arabische Enzyklopädien: Siehe Enzyklopädien aus dem arabischen Kulturkreis.
Im Mittelalter erschienen zunächst allegorische Lehrbücher der Artes liberales sowie später systematische Kompendien aller Wissenschaften und Künste, die nach Ordnungsprinzipien wie dem Sechstagewerk oder dem Katechismus systematisch gegliedert, oder orientieren sich am Jahreslauf bzw. dem Kalender; einige Werke verwenden auch Metaphern wie den Arbor porphyriana von Porphyrs Isagoge.
Typische Werktitel sind Thesaurus ("Schatz"), Gazophylacium ("Schatzhaus"), Aurifodina ("Goldgrube"), Promptuarium ("Zeughaus"), Theatrum ("Schauplatz") oder Acerra ("Gefäß") (vgl. [1]).
Allen diesen mittelalterlichen Werken sind zwei Eigenschaften gemein: Sie sind – von einer einzigen Ausnahme, der Suda, abgesehen – systematisch und nicht alphabetisch gegliedert und in lateinischer Sprache abgefasst, unabhängig von ihrem Herkunftland. Erst im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit entstehen erste nationalsprachliche Enzyklopädien.
Im Mittelalter baute das Bildungssystem auf dem römischen Kanon der sieben freien Künste auf; in allegorischen Lehrbüchern entwickelten spätantike und frühmittelalterliche Autoren die Artes liberales zu einem Fächerkanon weiter, der aus dem Quadrivium und dem Trivium besteht; diese Lehrbücher sind frühe Enzyklopädien der Wissenschaften.
Bedeutende Werke sind:
Im Mittelalter werden auch erste Versuche unternommen, ein Kompendium aller Wissenschaften und Künste zu erstellen. Diese Werke sind nicht notwendigerweise auf den Fächerkanon der Artes liberales begrenzt, aber noch ausnahmslos systematisch strukturiert.
Die wichtigsten Vertreter dieser Enzyklopädien sind:
thumb|"Encyclopaedia" von Johann Heinrich Alsted (Herborn 1630)
Alle diese systematischen Kompendien sind allerdings primär noch systematische Materialiensammlungen ohne eine philosophische Aufarbeitung des Materials.
Das heute meist als Suda zitierte Werk (auch: Suda, Souda, Suidas oder Suida) ist ein byzantisches Lexikon des 10. Jahrhunderts, das in altgriechischer Sprache verfasst und bisher nie vollständig in eine lebende Sprache übersetzt wurde. Es wurde früher vor allem unter dem Namen Suidas zitiert, ein Autor dieses Namens ist aber sonst nicht bekannt. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem fälschlich als Suidas gelesenen Wort Suda in den Handschriften um den Titel des Werks, nicht um den Namen eines Verfassers. Der Titel bedeutet vermutlich "Festung".
Die Suda enthält über 32.000 alphabetisch geordnete Artikel über Leben und Werk antiker Autoren sowie über antike Geographie und Geschichte. Das Werk ist aus älteren, überwiegend verloren gegangenen antiken Enzyklopädien, Scholien und Werken klassischer Autoren wie Aristophanes, Homer, Sophokles unter anderem zusammengestellt. Der Inhalt ist wenig verlässlich, da anscheinend viel aus dem Gedächtnis zitiert worden ist und die benutzen Quellen bereits ihrerseits unzuverlässig waren.
Da das Lexikon viele in den Dunklen Jahrhunderten untergegangene Werke zitiert, ist es für die klassische Philologie eine unersetzliche Quelle. Dem humanistischen Philologen Justus Lipsius wird der Satz zugeschrieben: "pecus est Suidas, sed pecus aurei velleris" ("Suidas ist ein Schaf, aber ein Schaf mit goldener Wolle").
Die Suda steht teilweise in digitaler Form zur Verfügung; seit Januar 1998 erarbeitet eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern die web-basierte Edition The Suda On Line (SOL) unter http://www.stoa.org/sol/ (vergleiche Präsentation); die Übersetzung und Kommentierung steht unter der Creative-Commons-Lizenz Attribution-NonCommercial-ShareAlike ( [10]).
Dietrich Engelhus (um 1362- 1434) verfasste zwischen etwa 1420 und 1430 den alphabetisch gegliederten Promptus; er enthält außerdem Sammelartikel und kleinere "Nester".
Der Dichter und Arzt Nannus (bzw. Nanni; Dominicus Numus Mirabellius (= Dominicus Nanus Mirabellius, Pomenico Nani Mirabellini)) verfasste 1503 (nach anderen Quellen: 1512) in Savona die Polyanthea (Polyanthea, Hoc est, opvs svavissimis floribvs celebriorvm sententiarvm, tam Graecarvm qvam Latinarvm, exornatvm. Das Werk wurde mehrfach neu aufgelegt ( Bartholomæus Amantius, Franciscus Tortius).
Neuberarbeitungen und Folgewerke:
Fachenzyklopädien und verwandte Gattungen des Mittelalters:
Als der eigentliche Schöpfer der Enzyklopädie auf methodologisch-systematischer Grundlage gilt der Philosoph Francis Bacon ( 1561- 1626).
Bacon, auch bekannt als Baco von Verulam, plante ab 1605 ein umfassendes philosophisch-wissenschaftliches Werk mit dem programmatischen Titel Instauratio Magna ("Die große Erneuerung"), das auf sechs Teile ausgelegt war, jedoch nie vollendet wurde. Erschienen sind die Teile
Gemeint mit der "großen Erneuerung" ist eine fundamentale Erneuerung der Philosophie und der Wissenschaften auf der Grundlage von Erfahrungswissen, durch das er Aristoteles' Metaphysik ablösen wollte. In seinem Novum organum scientiarum ( 1620) richtete sich Bacon gegen Aristoteles' Organon; während Aristoteles noch die reine Theorie als Erkenntnisquelle anstrebte und die Deduktion als Methode nutzte, sah Bacon in Beobachtung und Experiment die einzigen sicheren Quelle von Wissen und in der Induktion die praktikablere Methode; er leitet damit einen Paradigmenwechsel in der Wissenschaft ein und begründete die Tradition des angelsächsischen Empirismus. Seine Weltsicht beschreibt er folgendermaßen:
Nachfolger von Francis Bacon:
Formal sind die Enzyklopädien der angelsächsischen Aufklärung noch immer meist systematisch abgefasste große Lehrbücher oder Kompendien. Erst ab dem Anfang des 17. Jahrhunderts setzt sich eine lexikalische oder alphabetische Anordnung durch.
In der Neuzeit seit dem 17./ 18. Jahrhundert, zunächst unter Einfluss der Enzyklopädisten, ist Enzyklopädie der Inbegriff für ein Werk, das die Gesamtheit des menschlichen Wissens darstellt. Das erklärte Ziel der so genannten Enzyklopädisten des 18. Jahrhundert war es, im Zuge der Aufklärung ein auf Vernunft gegründetes Kompendium des gesamten Wissens ihrer Zeit zusammenzutragen.
Entwicklung der Realenzyklopädien und Konversationslexika:
Nach thematischen Schwerpunkten ausgerichtete enzyklopädische Lexika:
thumb|Titel von Ephraim Chambers "Cyclopaedia" von 1728
thumb|Reproduktion von Louis Moréris "Le grand Dictionnaire historique" von 1671
Anti-Enzyklopädien stellen nicht einen als gesichert bezeichneten Wissens- und Forschungsstand dar, sondern stellen gegensätzliche Positionen einander gleichgeordnet oder sie gegeneinander abwägend gegenüber.
Prominente Vertreter der Anti-Enzyklopädie sind:
Neben der Realenzykloädie und dem Konversationslexikon entstanden zur Zeit der Aufklärung in größerer Anzahl auch die Nationalenzyklopädien, die sich auf einzelne Kulturkreise beschränkten oder diese in den Vordergrund stellten.
Deutschsprachige Enzyklopädien des 17. und 18. Jahrhunderts mit systematischer Strukturierung:
Die Enzyklopädie hat in der Aufklärung und im 18. Jahrhundert ihr Publikum, ihre Aufgabe und die Form gefunden und vollendet. Im 19. Jahrhundert wurde für das aufkommende Bildungsbürgertum das Konversationslexikon herausgegeben, ob Meyers oder der Brockhaus, sie haben sehr viele Züge einer Enzyklopädie mit der Form eines Wörterbuches verbunden.
Ist eine Enzyklopädie primär ein allgemeines Bildungswerk des Wissens, ein Lexikon ein Nachschlagewerk der Allgemeinbildung, legt ein Wörterbuch dagegen meist die Betonung auf die Sprache selbst ( Duden). So erfüllt ein Konversationslexikon mehrere Aufgaben zu gleich.
Die gebildeten Bürger wollten zur Konversation das Wissensfundament haben, sie wollten aber meist, als ein Zeichen ihrer Bildung und ihres Sozialstatus, auch eine gehobene Schriftsprache beherrschen.
Deutschsprachige Enzyklopädien:
thumb|Titelschriftzug Krünitz "Oekonomische Encyklopädie" (1773-1858)
Unter einem Konversationslexikon versteht man seit dem 19. Jahrhundert ein allgemeines und umfassendes Lexikon, das dem Leser die für eine Konversation im Salon notwendige Bildung vermittelt. Der Übergang zur Enzyklopädie ist fließend.
Zu Geschichte und Entwicklung: Siehe Konversationslexikon.
Eine frühe Schweizer Enzyklopädie sind die Wickiana, die der Zürcher Theologe Johann Jakob Wick (1522 - 1588) gemeinsam mit seinen Amtsbrüdern erarbeitete.
In der Schweiz waren im 17. und 18. Jahrhundert vor allem die deutschsprachigen Enzyklopädien verbreitet. Daneben entstanden jedoch auch einige national ausgerichtete Lexika.
Auch in Österreich waren im 18. und 19. Jahrhundert vor allem die deutschsprachigen Enzyklopädien verbreitet. Daneben entstanden jedoch auch einige national ausgerichtete Lexika.
thumb|Titelseite der "Encyclopédie" von Diderot und d'Alembert von 1751-1772 Die wohl berühmteste frühe Enzyklopädie im heutigen Verständnis ist die französischsprachige Encyclopédie (Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers), die von Jean Baptiste le Rond d'Alembert und Denis Diderot herausgegeben wurde; d'Alembert definierte "Enzyklopädie" hier als "dictionnaire raisonné" ("Komplexes Wörterbuch").
Denis Diderot beschreibt das Vorhaben der Encyclopédie folgendermaßen:
In einem Brief an seine Freundin Sophie Volland erörterte Diderot die aufklärerische Zielsetzung weiter:
Die Veröffentlichung der Encyclopédie wurde 1772 mit dem 28. Band abgeschlossen; das monumentale Werk enthält in 17 Textbänden mit durchschnittlich 950 zweispaltigen Seiten und auf rund 18.000 Seiten Text 71.818 Artikel und 2.885 Illustrationen, elf Bände bestehen ausschließlich aus Bildtafeln mit 2.575 Erläuterungen zu den Abbildungen. Insgesamt sind 20.736.912, darunter 391.893 verschiedene Wörter enthalten (vgl. [23]).
Ergänzt wurde das Werk durch ein "Supplément", vier Textbände und ein Bildtafel-Band (erschienen von 1776 bis 1777). 1800 gab der Verleger Panckoucke ein Register in zwei Bänden heraus , das "Table analytique et raisonnée de l'Encyclopédie" und sein "Supplément" ausgearbeitet von Pastor Mouchon.
Die Encyclopédie war ein enormer finanzieller Erfolg; bis 1789 wurden rund 24.000 Exemplare abgesetzt; dazu ein Vergleich: Eine Enzyklopädie galt als sehr erfolgreich, wenn etwa 2.000 Exemplare verkauft wurden; etwa 1.500 Subskribenten reichten beispielsweise zur Finanzierung des Zedler aus.
Die Encyclopédie ist die letzte bedeutende Enzyklopädie, die einen Stammbaum des Wissens nach Art Francis Bacons bietet, aber bereits an mehreren bedeutsamen Stellen von diesem abweicht; sie leitet damit einen "erkenntnistheoretischen Richtungswechsel [ein], der die Topographie allen menschlichen Wissens verandelte" (Robert Darnton); vergleiche auch hierzu die Katographie des Wissens.
Bedeutende Folgewerke der Encyclopédie:
Enzyklopädien in italienischer Sprache:
Enzyklopädien in spanischer Sprache:
Im angelsächsischen Raum kann die Enzyklopädie auf den britischen Physiker Sir Thomas Browne ( 1605- 1682) zurückgeführt werden, der den Begriff encyclopaedia für sein Kompendium widerlegter, aber verbreiteter Irrtümer (die Pseudodoxia Epidemica) im Jahre 1646 (6. Auflage 1676) nutzte: "and therefore in this Encyclopaedie and round of knowledge, like the two great and exemplary wheeles of heaven, we must observe two circles".
Noch häufiger wird das enzyklopädische Format zurückgeführt auf John Harris, der 1704 sein Lexicon technicum veröffentlichte.
Ephraim Chambers, Cyclopedia, or an Universal Dictionary of Arts and Sciences ( 1728), wird gelegentlich als erste englischsprachige Enzyklopädie genannt.
Die von William Smellie herausgegebene Encyclopædia Britannica begann zunächst bescheiden: Zwischen 1768 und 1771 wurde sie in drei Bänden veröffentlicht.
Die 11. Auflage der Britannica von 1911 bildet einen weiteren Meilenstein in der Geschichte der Enzyklopädistik; diese Auflage ist mittlerweile gemeinfrei ( public domain). Geschätzt wird die Encyclopædia Britannica (EB) besonders aufgrund ihrer fundierten Hintergrundartikel.
Enzyklopädien in russischer Sprache:
Während der Zeit des Stalinismus wurde die Enzyklopädie als politische Waffe benutzt. Wenn eine bekannte Person verschwand, wurde allen Teilnehmern der Enzyklopädie ein neue Eintragung zum überschreiben der Eintragung geschickt. Wer auch immer verschwand wurde somit effektiv aus der allgemeinen Erinnerung gelöscht.
Online-Suche in der Enzyklopädie in Russisch - http://encycl.yandex.ru/
Enzyklopädien in polnischer Sprache:
Enzyklopädien in slowakischer Sprache:
Enzyklopädien in ungarischer Sprache:
Enzyklopädien in tschechischer Sprache:
Enzyklopädien in schwedische Sprache:
Siehe auch: Geschichte und Entwicklung der Wikipedia
Aktuelle Enzyklopädien nach Sprache (in alphabetischer Reihenfolge): Siehe Verzeichnis der Enzyklopädien nach Sprachen
Siehe Enzyklopädie
Siehe auch: Nachschlagewerke im Internet
Diese Übersicht zur Geschichte und Entwicklung der Enzyklopädie ist grob chronologisch in die europäischen Epochen Antike, Mittelalter und Neuzeit gegliedert; jenseits dieser Gliederung wird die Entwicklung von Enzyklopädien außerhalb Europas separat dargestellt. Innerhalb der Hauptabschnitte gliedert sich der Artikel nach Typen von Enzyklopädien sowie geographischen Regionen (Mittelalter) bzw. Sprachen (Neuzeit).
In der Antike ist vor allem der griechische Kulturkreis und das Prinzip der enkyklios paideia sowie der römische Kulturkreis mit dem Prinzip der artes liberales zu unterscheiden; der griechische Kulturkreis war noch von einer oralen Kultur geprägt und entwickelte wohl daher keine schriftlich fixierte Enzyklopädie. In der römischen Zeit wird die lateinische Sprache als Wissenschafts- und Gelehrtensprache sowie als eine Art Lingua franca etabliert und das systematische Ordnungsprinzip weiterentwickelt. Dieses konstituiert eines der entscheidenden Merkmale, welche die Enzyklopädie von verwandten Nachschlagewerken abgrenzt: Das Wissen ist in sich abgeschlossen, es hat Grenzen und kann kartographiert oder metaphorisch visualisiert werden (beispielsweise mit dem Baum der Wissenschaft (L'arbre de ciència, 1295/96) von Raimundus Lullus oder später mit dem Stammbaum des Wissens von Francis Bacon und Denis Diderot).
{{Vorlage:Zeitleiste Enzyklopädien}} Durch das gesamte Mittelalter bis in die Renaissance wird Latein als universale Sprache ebenso beibehalten wie das systematische Ordnungsprinzip der Enzyklopädie; die einzige bedeutende Ausnahme bildet die in griechischer Sprache verfasste und alphabetisch gegliederte Suda aus dem 10./11. Jahrhundert.
Mit Francis Bacon beginnt im 16. Jahrhundert eine Neuorientierung sowie eine methodologisch-systematische Neueinteilung der Wissenschaften, welche die Säkularisierung fortsetzt und diese Entwicklung auch in der Enzyklopädie etabliert.
Die Neuzeit wird eingeleitet durch Entwicklungen wie die Reformation und die Aufklärung, durch die die Entwicklung der Enzyklopädie maßgeblich beeinflusst wird. Ab dem 17./18. Jahrhundert wird Latein als Wissenschafts- und Gelehrtensprache abgelöst und es erscheinen zunehmend nationalsprachliche Enzyklopädien, die sich später wiederum in Formen wie Fach- und Konversationslexika ausdifferenzieren.
Etwa ab dem 17. Jahrhundert taucht der Begriff " Enzyklopädie" erstmals explizit im Titel der Nachschlagewerke auf, meist wird dafür die Encyclopaedia Cursus Philosophici (ca. 1630) von Alsted genannt; allerdings gibt es auch noch die ältere, aber weniger bekannte Encyclopaedia (Encyclopaedia seu orbis disciplinarum tam sacrarum quam prophanarum epistemon, 1559) von Paul Scalich. Das erste deutschsprachige Nachschlagewerk, das die Bezeichnung "Enzyklopädie" im Buchtitel trägt, dürfte wohl die so genannte Frankfurter Enzyklopädie (Deutsche Encyclopädie oder allgemeines Real-Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften, 1778 ff.) von Köster und Roos sein.
Die alphabetische Sortierung setzt sich weitestgehend gegen das systematische Ordnungsprinzip durch und Ephraim Chambers führt in seiner Cyclopedia das Prinzip der Verkettung durch Querverweise als Ersatz für den Zusammenhalt der systematischen Ordnungssysteme ein, das Diderot dann in der Encyclopédie subversiv zur Umgehung der Zensur einsetzt.
Etwa ab den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts etabliert sich Englisch als neue Universalsprache in den wissenschaftlichen Spezialenzyklopädien der Naturwissenschaften. Im Zuge der Wissensexplosion der Informations- und Wissensgesellschaft sowie der grundlegenden Verunsicherungen der Postmoderne wird das Fundament der Enzyklopädie in Frage gestellt: Das Paradigma des positiven Wissens wird ebenso diskutiert wie die Prämisse eines in sich abgeschlossenen und begrenzten Wissensraumes. Gleichzeitig ergeben sich durch neue Technologien wie die CD-ROM als Datenspeicher und das Internet als Grundlage für eine globale Wissensdatenbank auch Möglichkeiten, die in der Geschichte der Menschheit nie zuvor vorhanden waren.
Die Enzyklopädie war ursprünglich nach dem Sophisten Hippias von Elis (um 400 v. Chr.) der Begriff für die universale Bildung, später allgemein die Alltagsbildung, die allerdings nach Sokrates nur auf die 'wahre Bildung' vorbereite.
Man verstand unter enkyklios paideia (lateinisch orbis doctrinae, "Kreis der Bildung", das heißt der Bildungswissenschaften) die Gesamtbildung, die sich ein freigeborener Jüngling angeeignet haben musste, ehe er zur Erlernung eines bestimmten Faches oder in das werktätige Leben selbst überging. Der Kreis dieser Kenntnisse und Fertigkeiten umfasste zunächst Grammatik, Musik, Geometrie, Astronomie und Gymnastik.
Die Anfänge der systematischen Enzyklopädie werden meist auf den griechischen Philosophen und Neffen Platons, Speusippos ( 408 v. Chr.- 339 v. Chr.), zurückgeführt, der die von Platon gegründete Akademie weiterführte; es handelte sich bei dessen Arbeiten jedoch um eine Spezialenzyklopädie, von der nur wenige Fragmente erhalten sind (Homoia, eine Untersuchung der im Tier- und Pflanzenreich vorkommenden gleichartigen Erscheinungen).
Auch andere Philosophen der Antike wie Aristoteles ( 384 v. Chr.- 322 v. Chr.) versuchten, umfangreiche Abhandlungen über das gesamte menschliche Wissen der damaligen Zeit zu verfassen. Die antiken Griechen verfassten jedoch noch keine Universalenzyklopädien.
Bei der Enzyklopädie handelt es sich um eine typisch römische Literaturgattung. Die erste lateinische Spezialenzyklopädie verfasste der römische Staatsmann und Schriftsteller Cato the Elder ( 234 v. Chr.- 149 v. Chr.) mit pädagogischer Zielsetzung zu den Fachdisziplinen Landwirtschaft, Medizin, Rhetorik und Kriegswissenschaft ("Libri ad Marcum filium" = "Bücher an den Sohn Marcus"), um 150 v. Chr..
Die ersten Versuche einer umfassenden und systematischen Enzyklopädie gehen zurück auf den römischen Gelehrten Marcus Terentius Varro ( 116 v. Chr.- 27 v. Chr.), der in seinen Disciplinarum libri IX (kurz: Disciplinæ, um 30 v. Chr.) den Fächerkanon systematisch nach dem griechischen Vorbild des "Kreises der Bildung" organisierte; er ergänzte die Fächer der Freien Künste um die Medizin und die Architektur. Varros in 41 Büchern organisierte Werk ist nur in Fragmenten erhalten. Cicero plädierte in seinem De Officiis gegen die Erweiterung der freien Künste [?].
Das System der sieben freien Künste (Septem artes liberales) geht auf Varros Nachfolger Martianus Capella (um 415 n. Chr.) zurück, einen spätantiken Autor, der in seiner allegorischen Enzyklopädie De nuptiis philologiæ et Mercurii ("Über die Vermählung Philologias mit Merkur"; oder in Satiricon [?]) den Kanon der sieben freien Künste erstmals verbindlich festlegte; er bestand aus der Kombination von Trivium und Quadrivium:
Martianus Capellas Werk wurde im Mittelalter intensiv rezipiert und überlieferte das römische Bildungssystem in das Mittelalter, wo es sich zu einem bedeutenden Unterrichtswerk entwickelte. Auch der römische Geschichtsschreiber Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus und später der spanische Gelehrte Isidor von Sevilla beziehen ihre Arbeiten auf den Kanon der Sieben freien Künste; diese klassische Fächeraufteilung wurde erst mit dem Aufkommen von Aufklärung und Humanismus weitgehend aufgegeben.
Die älteste nachweisbare alphabetisch gegliederte Enzyklopädie wurde von dem lateinischen Grammatiker Marcus Verrius Flaccus (ca. 55 v. Chr. bis ca. 20 n. Chr.) um die Zeitenwende herum verfasst; sein lexikalisches Werk De significatu verborum ("Über die Bedeutung der [seltenen lateinischen] Wörter") ist jedoch verschollen und nur epitomiert erhalten und in den Fassungen des römischen Grammatikers Sextus Pompeius Festus (2. Hälfte des 2. Jahrhunderts) und des Geschichtsschreiber Paulus Diaconus ( 8. Jahrhundert) überliefert.
Aus der Antike sind weitere enzyklopädische Werke bekannt, vor allem Spezialenzyklopädien; das erste derartige Werk soll Platons Neffe und Schüler Speusippos um 370 v. Chr. verfasst haben. (siehe oben)
Auch von Varro gibt es eine römische Altertumskunde (Rerum humanarum et divinarum antiquitates, Text nicht überliefert).
Ein weiterer Vorläufer der Spezialenzyklopädie in lateinischer Sprache stammt von dem römischen Historiker und Schriftsteller Gaius Plinius Secundus (Plinius der Ältere, ca. 23 n. Chr.- 79 n. Chr.), der mit seiner Historia naturalis (oder Naturalis historia [?]; deutsch: "Naturgeschichte", entstanden um 79 n. Chr.) eine umfassende Enzyklopädie der Naturwissenschaften und -forschung verfasste; dabei handelt es sich auch um die älteste vollständig überlieferte systematische Enzyklopädie.
Die Naturalis historia umfasst 37 Bücher mit insgesamt 2.493 Kapiteln und ist folgendermaßen gegliedert:
Nach dem Quellenverzeichnis wurden insgesamt annähernd 500 Autoren verarbeitet, darunter rund 100 Primärquellen sowie fast 400 Sekundärquellen. Noch 1469 wurde der Erstdruck "Historiae naturalis libri XXXVII in Venedig aufgelegt. Die erste deutschsprachige (Teil-) Übersetzung der Bücher 7 bis 11 wurde 1543 in Straßburg unter dem Titel Natürlicher History Fünff Bücher angefertigt.
Enzyklopädieartige Werke sind aus dem chinesischen und dem arabischen Kulturkreis überliefert. Vergleichbare Entwicklungen von anderen Hochkulturen außerhalb Europas sind nicht bekannt (Indien? Persien?)
Auch im aussereuropäischen Raum wurden bereits sehr früh Enzyklopädien entwickelt, so beispielsweise im antiken China. Enzyklopädieartige Werke entstanden hier ab etwa 500 v. Chr. auf Bambusstreifen und Schriftrollen; Enzyklopädien im engeren Sinne sind nachweisbar ab etwa 220 n. Chr..
Wichtige chinesische Enzyklopädien: Siehe Enzyklopädien aus dem chinesischen Kulturkreis
Obwohl diese gigantischen außereuropäischen Enzyklopädien älter sind als die des europäischen Raums haben sie für die Entwicklung dessen, was uns heute als Enzyklopädie bekannt ist, nur untergeordnete Bedeutung, da sie die europäische Traditionslinie der Enzyklopädik nicht oder kaum beeinflussten.
Im arabischen Kulturkreis entstanden sehr früh sowohl generelle und spezielle als auch systematische und alphabetische Enzyklopädien.
Wichtige arabische Enzyklopädien: Siehe Enzyklopädien aus dem arabischen Kulturkreis.
Im Mittelalter erschienen zunächst allegorische Lehrbücher der Artes liberales sowie später systematische Kompendien aller Wissenschaften und Künste, die nach Ordnungsprinzipien wie dem Sechstagewerk oder dem Katechismus systematisch gegliedert, oder orientieren sich am Jahreslauf bzw. dem Kalender; einige Werke verwenden auch Metaphern wie den Arbor porphyriana von Porphyrs Isagoge.
Typische Werktitel sind Thesaurus ("Schatz"), Gazophylacium ("Schatzhaus"), Aurifodina ("Goldgrube"), Promptuarium ("Zeughaus"), Theatrum ("Schauplatz") oder Acerra ("Gefäß") (vgl. [1]).
Allen diesen mittelalterlichen Werken sind zwei Eigenschaften gemein: Sie sind – von einer einzigen Ausnahme, der Suda, abgesehen – systematisch und nicht alphabetisch gegliedert und in lateinischer Sprache abgefasst, unabhängig von ihrem Herkunftland. Erst im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit entstehen erste nationalsprachliche Enzyklopädien.
Im Mittelalter baute das Bildungssystem auf dem römischen Kanon der sieben freien Künste auf; in allegorischen Lehrbüchern entwickelten spätantike und frühmittelalterliche Autoren die Artes liberales zu einem Fächerkanon weiter, der aus dem Quadrivium und dem Trivium besteht; diese Lehrbücher sind frühe Enzyklopädien der Wissenschaften.
Bedeutende Werke sind:
Im Mittelalter werden auch erste Versuche unternommen, ein Kompendium aller Wissenschaften und Künste zu erstellen. Diese Werke sind nicht notwendigerweise auf den Fächerkanon der Artes liberales begrenzt, aber noch ausnahmslos systematisch strukturiert.
Die wichtigsten Vertreter dieser Enzyklopädien sind:
thumb|"Encyclopaedia" von Johann Heinrich Alsted (Herborn 1630)
Alle diese systematischen Kompendien sind allerdings primär noch systematische Materialiensammlungen ohne eine philosophische Aufarbeitung des Materials.
Das heute meist als Suda zitierte Werk (auch: Suda, Souda, Suidas oder Suida) ist ein byzantisches Lexikon des 10. Jahrhunderts, das in altgriechischer Sprache verfasst und bisher nie vollständig in eine lebende Sprache übersetzt wurde. Es wurde früher vor allem unter dem Namen Suidas zitiert, ein Autor dieses Namens ist aber sonst nicht bekannt. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem fälschlich als Suidas gelesenen Wort Suda in den Handschriften um den Titel des Werks, nicht um den Namen eines Verfassers. Der Titel bedeutet vermutlich "Festung".
Die Suda enthält über 32.000 alphabetisch geordnete Artikel über Leben und Werk antiker Autoren sowie über antike Geographie und Geschichte. Das Werk ist aus älteren, überwiegend verloren gegangenen antiken Enzyklopädien, Scholien und Werken klassischer Autoren wie Aristophanes, Homer, Sophokles unter anderem zusammengestellt. Der Inhalt ist wenig verlässlich, da anscheinend viel aus dem Gedächtnis zitiert worden ist und die benutzen Quellen bereits ihrerseits unzuverlässig waren.
Da das Lexikon viele in den Dunklen Jahrhunderten untergegangene Werke zitiert, ist es für die klassische Philologie eine unersetzliche Quelle. Dem humanistischen Philologen Justus Lipsius wird der Satz zugeschrieben: "pecus est Suidas, sed pecus aurei velleris" ("Suidas ist ein Schaf, aber ein Schaf mit goldener Wolle").
Die Suda steht teilweise in digitaler Form zur Verfügung; seit Januar 1998 erarbeitet eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern die web-basierte Edition The Suda On Line (SOL) unter http://www.stoa.org/sol/ (vergleiche Präsentation); die Übersetzung und Kommentierung steht unter der Creative-Commons-Lizenz Attribution-NonCommercial-ShareAlike ( [10]).
Dietrich Engelhus (um 1362- 1434) verfasste zwischen etwa 1420 und 1430 den alphabetisch gegliederten Promptus; er enthält außerdem Sammelartikel und kleinere "Nester".
Der Dichter und Arzt Nannus (bzw. Nanni; Dominicus Numus Mirabellius (= Dominicus Nanus Mirabellius, Pomenico Nani Mirabellini)) verfasste 1503 (nach anderen Quellen: 1512) in Savona die Polyanthea (Polyanthea, Hoc est, opvs svavissimis floribvs celebriorvm sententiarvm, tam Graecarvm qvam Latinarvm, exornatvm. Das Werk wurde mehrfach neu aufgelegt ( Bartholomæus Amantius, Franciscus Tortius).
Neuberarbeitungen und Folgewerke:
Fachenzyklopädien und verwandte Gattungen des Mittelalters:
Als der eigentliche Schöpfer der Enzyklopädie auf methodologisch-systematischer Grundlage gilt der Philosoph Francis Bacon ( 1561- 1626).
Bacon, auch bekannt als Baco von Verulam, plante ab 1605 ein umfassendes philosophisch-wissenschaftliches Werk mit dem programmatischen Titel Instauratio Magna ("Die große Erneuerung"), das auf sechs Teile ausgelegt war, jedoch nie vollendet wurde. Erschienen sind die Teile
Gemeint mit der "großen Erneuerung" ist eine fundamentale Erneuerung der Philosophie und der Wissenschaften auf der Grundlage von Erfahrungswissen, durch das er Aristoteles' Metaphysik ablösen wollte. In seinem Novum organum scientiarum ( 1620) richtete sich Bacon gegen Aristoteles' Organon; während Aristoteles noch die reine Theorie als Erkenntnisquelle anstrebte und die Deduktion als Methode nutzte, sah Bacon in Beobachtung und Experiment die einzigen sicheren Quelle von Wissen und in der Induktion die praktikablere Methode; er leitet damit einen Paradigmenwechsel in der Wissenschaft ein und begründete die Tradition des angelsächsischen Empirismus. Seine Weltsicht beschreibt er folgendermaßen:
Nachfolger von Francis Bacon:
Formal sind die Enzyklopädien der angelsächsischen Aufklärung noch immer meist systematisch abgefasste große Lehrbücher oder Kompendien. Erst ab dem Anfang des 17. Jahrhunderts setzt sich eine lexikalische oder alphabetische Anordnung durch.
In der Neuzeit seit dem 17./ 18. Jahrhundert, zunächst unter Einfluss der Enzyklopädisten, ist Enzyklopädie der Inbegriff für ein Werk, das die Gesamtheit des menschlichen Wissens darstellt. Das erklärte Ziel der so genannten Enzyklopädisten des 18. Jahrhundert war es, im Zuge der Aufklärung ein auf Vernunft gegründetes Kompendium des gesamten Wissens ihrer Zeit zusammenzutragen.
Entwicklung der Realenzyklopädien und Konversationslexika:
Nach thematischen Schwerpunkten ausgerichtete enzyklopädische Lexika:
thumb|Titel von Ephraim Chambers "Cyclopaedia" von 1728
thumb|Reproduktion von Louis Moréris "Le grand Dictionnaire historique" von 1671
Anti-Enzyklopädien stellen nicht einen als gesichert bezeichneten Wissens- und Forschungsstand dar, sondern stellen gegensätzliche Positionen einander gleichgeordnet oder sie gegeneinander abwägend gegenüber.
Prominente Vertreter der Anti-Enzyklopädie sind:
Neben der Realenzykloädie und dem Konversationslexikon entstanden zur Zeit der Aufklärung in größerer Anzahl auch die Nationalenzyklopädien, die sich auf einzelne Kulturkreise beschränkten oder diese in den Vordergrund stellten.
Deutschsprachige Enzyklopädien des 17. und 18. Jahrhunderts mit systematischer Strukturierung:
Die Enzyklopädie hat in der Aufklärung und im 18. Jahrhundert ihr Publikum, ihre Aufgabe und die Form gefunden und vollendet. Im 19. Jahrhundert wurde für das aufkommende Bildungsbürgertum das Konversationslexikon herausgegeben, ob Meyers oder der Brockhaus, sie haben sehr viele Züge einer Enzyklopädie mit der Form eines Wörterbuches verbunden.
Ist eine Enzyklopädie primär ein allgemeines Bildungswerk des Wissens, ein Lexikon ein Nachschlagewerk der Allgemeinbildung, legt ein Wörterbuch dagegen meist die Betonung auf die Sprache selbst ( Duden). So erfüllt ein Konversationslexikon mehrere Aufgaben zu gleich.
Die gebildeten Bürger wollten zur Konversation das Wissensfundament haben, sie wollten aber meist, als ein Zeichen ihrer Bildung und ihres Sozialstatus, auch eine gehobene Schriftsprache beherrschen.
Deutschsprachige Enzyklopädien:
thumb|Titelschriftzug Krünitz "Oekonomische Encyklopädie" (1773-1858)
Unter einem Konversationslexikon versteht man seit dem 19. Jahrhundert ein allgemeines und umfassendes Lexikon, das dem Leser die für eine Konversation im Salon notwendige Bildung vermittelt. Der Übergang zur Enzyklopädie ist fließend.
Zu Geschichte und Entwicklung: Siehe Konversationslexikon.
Eine frühe Schweizer Enzyklopädie sind die Wickiana, die der Zürcher Theologe Johann Jakob Wick (1522 - 1588) gemeinsam mit seinen Amtsbrüdern erarbeitete.
In der Schweiz waren im 17. und 18. Jahrhundert vor allem die deutschsprachigen Enzyklopädien verbreitet. Daneben entstanden jedoch auch einige national ausgerichtete Lexika.
Auch in Österreich waren im 18. und 19. Jahrhundert vor allem die deutschsprachigen Enzyklopädien verbreitet. Daneben entstanden jedoch auch einige national ausgerichtete Lexika.
thumb|Titelseite der "Encyclopédie" von Diderot und d'Alembert von 1751-1772 Die wohl berühmteste frühe Enzyklopädie im heutigen Verständnis ist die französischsprachige Encyclopédie (Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers), die von Jean Baptiste le Rond d'Alembert und Denis Diderot herausgegeben wurde; d'Alembert definierte "Enzyklopädie" hier als "dictionnaire raisonné" ("Komplexes Wörterbuch").
Denis Diderot beschreibt das Vorhaben der Encyclopédie folgendermaßen:
In einem Brief an seine Freundin Sophie Volland erörterte Diderot die aufklärerische Zielsetzung weiter:
Die Veröffentlichung der Encyclopédie wurde 1772 mit dem 28. Band abgeschlossen; das monumentale Werk enthält in 17 Textbänden mit durchschnittlich 950 zweispaltigen Seiten und auf rund 18.000 Seiten Text 71.818 Artikel und 2.885 Illustrationen, elf Bände bestehen ausschließlich aus Bildtafeln mit 2.575 Erläuterungen zu den Abbildungen. Insgesamt sind 20.736.912, darunter 391.893 verschiedene Wörter enthalten (vgl. [23]).
Ergänzt wurde das Werk durch ein "Supplément", vier Textbände und ein Bildtafel-Band (erschienen von 1776 bis 1777). 1800 gab der Verleger Panckoucke ein Register in zwei Bänden heraus , das "Table analytique et raisonnée de l'Encyclopédie" und sein "Supplément" ausgearbeitet von Pastor Mouchon.
Die Encyclopédie war ein enormer finanzieller Erfolg; bis 1789 wurden rund 24.000 Exemplare abgesetzt; dazu ein Vergleich: Eine Enzyklopädie galt als sehr erfolgreich, wenn etwa 2.000 Exemplare verkauft wurden; etwa 1.500 Subskribenten reichten beispielsweise zur Finanzierung des Zedler aus.
Die Encyclopédie ist die letzte bedeutende Enzyklopädie, die einen Stammbaum des Wissens nach Art Francis Bacons bietet, aber bereits an mehreren bedeutsamen Stellen von diesem abweicht; sie leitet damit einen "erkenntnistheoretischen Richtungswechsel [ein], der die Topographie allen menschlichen Wissens verandelte" (Robert Darnton); vergleiche auch hierzu die Katographie des Wissens.
Bedeutende Folgewerke der Encyclopédie:
Enzyklopädien in italienischer Sprache:
Enzyklopädien in spanischer Sprache:
Im angelsächsischen Raum kann die Enzyklopädie auf den britischen Physiker Sir Thomas Browne ( 1605- 1682) zurückgeführt werden, der den Begriff encyclopaedia für sein Kompendium widerlegter, aber verbreiteter Irrtümer (die Pseudodoxia Epidemica) im Jahre 1646 (6. Auflage 1676) nutzte: "and therefore in this Encyclopaedie and round of knowledge, like the two great and exemplary wheeles of heaven, we must observe two circles".
Noch häufiger wird das enzyklopädische Format zurückgeführt auf John Harris, der 1704 sein Lexicon technicum veröffentlichte.
Ephraim Chambers, Cyclopedia, or an Universal Dictionary of Arts and Sciences ( 1728), wird gelegentlich als erste englischsprachige Enzyklopädie genannt.
Die von William Smellie herausgegebene Encyclopædia Britannica begann zunächst bescheiden: Zwischen 1768 und 1771 wurde sie in drei Bänden veröffentlicht.
Die 11. Auflage der Britannica von 1911 bildet einen weiteren Meilenstein in der Geschichte der Enzyklopädistik; diese Auflage ist mittlerweile gemeinfrei ( public domain). Geschätzt wird die Encyclopædia Britannica (EB) besonders aufgrund ihrer fundierten Hintergrundartikel.
Enzyklopädien in russischer Sprache:
Während der Zeit des Stalinismus wurde die Enzyklopädie als politische Waffe benutzt. Wenn eine bekannte Person verschwand, wurde allen Teilnehmern der Enzyklopädie ein neue Eintragung zum überschreiben der Eintragung geschickt. Wer auch immer verschwand wurde somit effektiv aus der allgemeinen Erinnerung gelöscht.
Online-Suche in der Enzyklopädie in Russisch - http://encycl.yandex.ru/
Enzyklopädien in polnischer Sprache:
Enzyklopädien in slowakischer Sprache:
Enzyklopädien in ungarischer Sprache:
Enzyklopädien in tschechischer Sprache:
Enzyklopädien in schwedische Sprache:
Siehe auch: Geschichte und Entwicklung der Wikipedia
Aktuelle Enzyklopädien nach Sprache (in alphabetischer Reihenfolge): Siehe Verzeichnis der Enzyklopädien nach Sprachen
Siehe Enzyklopädie
Siehe auch: Nachschlagewerke im Internet